Trotzige Buben

Auf der Seite single-dasein.de wird eine beachtliche Zahl sogenannter Single-Forscher geführt und die Liste ?weiterer Forscher? ? deren Bemühungen in irgendeinem Zusammenhang mit der Single-Selbst-Erforschung und Generation-Golf-Identitäts-Vergewisserung stehen sollen ? beginnt mit Theodor W. Adorno.
Herr Stephan Wackwitz stellt Adorno ganz nah neben Salinger sowie die eigene verquälte Pubertät in den späten Sechzigern ins Zentrum des Ganzen:auf den schultern von riesen oder so

„Es wäre einfach viel vernünftiger gewesen, denke ich heute oft, uns damals ein bisschen zu zeigen und beizubringen, wie man sich in der Welt zurechtfindet, statt unsere Ungeschicklichkeit geschichtsphilosophisch zu nobilitieren und uns damit in ihr einzusperren. Ich jedenfalls hätte den ganzen Adorno – und Kafka obendrein – liebend gern dafür eingetauscht, wenn ich es geschafft hätte, beispielsweise jene uschiobermeierhafte Kommilitonin mit den täglich wechselnden Garderoben mal zu einem Kaffee einzuladen. Und wenn ich viele junge Leute des Jahres 2001 kennen lerne – ihre unbefangene Zutraulichkeit, ihr entspannter Umgang mit gesellschaftlichen Anforderungen, ihre Freundinnen und oft sogar schon Ehefrauen -, dann bin ich einfach neidisch. Nicht nur, weil ich älter werde und alle Älteren auf alle Jungen in gewisser Weise neidisch sind. Sondern ich bewundere und neide ihnen ein bisschen eine Jugend ohne unsere Vorbilder. Ohne die linksradikalen Häuptlinge, die uns damals weismachten, wir müssten die Revolution machen und den Vorsitzenden Mao liebhaben. Ohne die gesellschaftlichen Zwänge, so grauenhaft angezogen herumzulaufen, wie wir damals herumlaufen zu müssen glaubten. Ohne Petra Kelly. Und eben auch ohne diesen ganzen Schmarren und intellektuellen Kitsch à la „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“. Das gibt es eben doch, ein richtiges Leben in der abgrundbösen Welt. Und wir hätten auch ganz gern eines gehabt. Aber wenn man mit der vollen Autorität des Professors, Naziopfers und Volldurchblickers empfänglichen und weltfremden Neunzehnjährigen diesen Quatsch einimpft, dann haben die dann wirklich kein richtiges Leben im falschen, also nämlich überhaupt kein richtiges Leben.“

Das ist noch eine relativ prägnante Aussage in einem verquasteten Geschlingere aus Unzufriedenheit mit der eigenen Biographie, die peinlich unmittelbar mit Beweiskraft ausgestattet wird, sowie hölzern-akademischer Bildungsbeflissenheit, die zeigt, dass das zurückliegende Individualproblem nicht bewältigt, nur rechthaberisch gewendet wurde.
(Wie´s auch im Roman „Walkers Gleichung“ von Wackwitz ist, den ich mir aus Versehen gekauft habe, und der zwischen der gleichen, völlig unsinnlichen Pseudo-Geschlechtlichkeit und akademischen Monumentalitäten schwankt ? stinklangweilig).

Wackwitz geht noch ein wenig weiter (oder nur etwas anders?) als Christian Schneider, der es ebenfalls ? wo auch die Erstveröffentlichung der Adorno/Salinger-Meditation war – in der taz tat: Man kommt (nicht) dahinter, ob die jetzt keine Jünger mehr sein wollen – oder einfach nochmal jünger sein. Ach so.

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