
für Schiller

für Schiller
dass es heute schon die ganze zeit kartoffelsupp gibt.
(stampfkartoffeln von gestern, mit viel sahne, kleiner rest + brühe + weitere frisch geschälte kartoffeln + etwas zuviel majoran (versehen) + speck + diese wurst, die sehr lecker ist und hier knobiländer heißt. man kann was von wusrt verstehen, aber net von sprache. das ist thüringen…)

Die Erwachsene
Das alles stand auf ihr und war die Welt
und stand auf ihr mit allem, Angst und Gnade,
wie Bäume stehen, wachsend und gerade,
ganz Bild und bildlos wie die Bundeslade
und feierlich, wie auf ein Volk gestellt.
Und sie ertrug es; trug bis obenhin
das Fliegende, Entfliehende, Entfernte,
das Ungeheuere, noch Unerlernte
gelassen wie die Wasserträgerin
den vollen Krug. Bis mitten unterm Spiel,
verwandelnd und auf andres vorbereitend,
der erste weiße Schleier, leise gleitend,
über das aufgetane Antlitz fiel
fast undurchsichtig und sich nie mehr hebend
und irgendwie auf alle Fragen ihr
nur eine Antwort vage wiedergebend:
In dir, du Kindgewesene, in dir.
Aus: Rilke, Neue Gedichte (1907)
Geburt der Venus
An diesem Morgen nach der Nacht, die bang
vergangen war mit Rufen, Unruh, Aufruhr, –
brach alles Meer noch einmal auf und schrie.
Und als der Schrei sich langsam wieder schloß
und von der Himmel blassem Tag und Anfang
herabfiel in der stummen Fische Abgrund -:
gebar das Meer.
Von erster Sonne schimmerte der Haarschaum
der weiten Wogenscham, an deren Rand
das Mädchen aufstand, weiß, verwirrt und feucht.
So wie ein junges grünes Blatt sich rührt,
sich reckt und Eingerolltes langsam aufschlägt,
entfaltete ihr Leib sich in die Kühle
hinein und in den unberührten Frühwind.
Wie Monde stiegen klar die Kniee auf
und tauchten in der Schenkel Wolkenränder;
der Waden schmaler Schatten wich zurück,
die Füße spannten sich und wurden licht,
und die Gelenke lebten wie die Kehlen
von Trinkenden.
Und in dem Kelch des Beckens lag der Leib
wie eine junge Frucht in eines Kindes Hand.
In seines Nabels engem Becher war
das ganze Dunkel dieses hellen Lebens.
Darunter hob sich licht die kleine Welle
und floß beständig über nach den Lenden,
wo dann und wann ein stilles Rieseln war.
Durchschienen aber und noch ohne Schatten,
wie ein Bestand von Birken im April,
warm, leer und unverborgen, lag die Scham.
Jetzt stand der Schultern rege Waage schon
im Gleichgewichte auf dem graden Körper,
der aus dem Becken wie ein Springbrunn aufstieg
und zögernd in den langen Armen abfiel
und rascher in dem vollen Fall des Haars.
Dann ging sehr langsam das Gesicht vorbei:
aus dem verkürzten Dunkel seiner Neigung
in klares, waagrechtes Erhobensein.
Und hinter ihm verschloß sich steil das Kinn.
Jetzt, da der Hals gestreckt war wie ein Strahl
und wie ein Blumenstiel, darin der Saft steigt,
streckten sich auch die Arme aus wie Hälse
von Schwänen, wenn sie nach dem Ufer suchen.
Dann kam in dieses Leibes dunkle Frühe
wie Morgenwind der erste Atemzug.
Im zartesten Geäst der Aderbäume
entstand ein Flüstern, und das Blut begann
zu rauschen über seinen tiefen Stellen.
Und dieser Wind wuchs an: nun warf er sich
mit allem Atem in die neuen Brüste
und füllte sie und drückte sich in sie, –
daß sie wie Segel, von der Ferne voll,
das leichte Mädchen nach dem Strande drängten.
So landete die Göttin.
Hinter ihr,
die rasch dahinschritt durch die jungen Ufer,
erhoben sich den ganzen Vormittag
die Blumen und die Halme, warm, verwirrt,
wie aus Umarmung. Und sie ging und lief.
Am Mittag aber, in der schwersten Stunde,
hob sich das Meer noch einmal auf und warf
einen Delphin an jene selbe Stelle.
Tot, rot und offen.
Aus: Rilke, Neue Gedichte (1907)



Ostheim gehörte bis 1945 zu Thüringen. Es war die letzte (?) bayrische Exklave (?).
Alles andere was ich schrieb, ging verloren, und hat der rauhe Wind über der Rhön mit sich gefegt.
Tja.
Heute ist es mal wieder schlimm mit dem ungestillten, unstillbaren Verlangen.
und
dann diese Schwüle.
Die Wangen tropfen zu Boden. Um 23 Uhr. Meine Güte, was ist es schwül. Ein Gespräch übers Wetter wäre jetzt gut. So ist man allein, mit Sensationen, die man eigentlich für unglaublich hält. Ich fühle mich als wäre ich das schweißtreibende Wetter.
und
du
wenn deine Angst und Unsicherheit mich durchließe zum Lieben, was wäre das einfach.
…das kleine… für ein bisschen Eigenes war mir immer wichtig. Um ein bisschen ganz Eigenes rein zu räumen, nur für sich & mich, den Unterschied nicht machen zu müssen, zwischen peinlich und nicht, obwohl der sicher immer bleibt, denn auch vor sich selbst ist man nicht wirklich ehrlich bis zum Letzten. Natürlich nicht.
Das Eigene. Ich hatte immer so wenig Eigenes und immer wollten alle haben, was ich habe.
Bilde ich mir ein.
Ich habe meine Verstecke nie hochsicher behandelt. Kein Safe, keine Geheimnummer, kein weggeworfener Schlüssel, den nur ein Taucher am Meeresboden findet. Ich verstecke keine Verbrechen.
Und so wurden meine Verstecke fast alle gefunden, erst durch die Mutter, dann durch ihre Nachfolger. Und es war jedes Mal schlimm.
Wenn ich mich nicht schäme, dann ist es auch keine Erfrischung, dass das doch alles normal und banal ist und ich es nicht zu verstecken „brauche“. Doch: Ich brauche.
Ich will bestimmen, was ich zeige und wann. Dann ist der Wunsch, dass jemand zuhört.
Ich öffne meine Tür von innen, gastfreundlich zu der Zeit. Ich will nicht, dass sie aufgebrochen oder gerissen wird, um den Traum des schwankenden Selbst zu stören