Freiheit ist, woanders neu anzufangen…

Ich will unter dem Titel unbedingt noch was schreiben, obwohl ich nicht weiß, ob es was richtiges wird.
Weil Herr Ein-und-Alles ihn mir resultierend aus seiner heutigen philosophischen Fortbildung mitgeteilt hat, weil es mich bis ins Mark trifft.
Es gibt Privatconfessionen, die man notwendig für problematisch hält, die da plötzlich mit philosophischen Weihen daherkommen. So ähnlich wie mit dem Rechtsstaat: Auf einmal wird etwas allgemein, das man für ein individuell-unmittelbares Spezialgeheimnis hielt. Obwohl ich ja immer alles mitteilen und letztlich missionieren will.
Freiheit? In die Fremde zu gehen heißt auch, nicht alles aus sich selbst entwickeln und explorieren zu können, nirgends hält man mehr den eigenen inneren Kern fest als Wappnung wie in der Fremde. Ja: Man entwickelt sogar Hobbys und Schrulligkeiten, von denen man jahrelang nichts wusste. In der Fremde wurde ich häuslich.
Man wählt die Veränderungszumutung von außen, weil es von innen zu machen einem zu schwer fiele.
Die Fremde ist KEIN Paradies. Sie ist einfach nur die Zumutung, von der man weiß, dass man sie gegen sich selbst erheben müsste: Deswegen wählt man ein Außen, das sie erhebt.
Und das ist gut so.
Es gibt einen einzigen Menschen, den ich um sein Leben beneide, und der heißt: Cees Noteboom. Obwohl ich das einzige Buch von ihm, das ich in Fingern hatte: Allerseelen, nicht besonders mochte. (Und es auch vor unserm Umzug nach Bockenheim wegschmiss, weil es mir auf Lanzarote ins Wasser fiel.)Aber ich habe ihn im Fernsehen gesehen, irgendwann: Und er schreibt und er reist und er hat eine uralte Mutter – sagte im Interview: WIR (????) sind alte Kinder… Er ist ca. 70. Beneidenswert.

Ökumenisches Kochen

Telefongespräch. Reden. Denken. Ich: unaufmerksam als das Thema Tod im Leben auftaucht (ungarisch). Ich bereue.
Geredethaben, aufgelegt, kochen.
Die Spaghettini von gestern warten auf ihre Knoblauch-Sahne-Soße, in der sie sich hinreichend wohlfühlen. Ich finde im Schrank die Dose mit den Champignons mit ganz großen ganzen Köpfen. Bin multipel glücklich & froh: Ich plane, wie ich dem Liiiebsten mitteile, dass es mir gelang, ganz ohne Beschwerden eine DOSE zu öffnen – er, der immer Dose mit Soße verwechselt und deswegen beides gleich ausspricht, Kuss! – wie ich ihm gleichzeitg mitteile, dass Dosenchampignons, kalt und direkt genossen, die Freuden meiner Kindheit waren, wie ich ihm mitteile, dass ich weiß, dass diese perverse Pilzdose nur von ihm sein kann – und dass ich sie schon deswegen mag. Und letztens: Wie toll ich es finde, dass eine solche Dose wegkommt, bevor es zu spät ist, denn speziell Champignon- und Maisdosen übderdauern ja in jeglichem Küchenschrank ihre langjährige Haltbarkeitsdauer.
Dann geht alles schief: Und ich säble tatsächlich wieder ungelenk und in alle Richtungen und verzweifelnd und neuen, jetzt schon unkoordinierten, Mut nehmend an dieser Dose rum.
Natürlich schaffe ich es, wie immer alles, dem ich nicht gewachsen bin. Irgendwann klickern diese Riesenkopfchampignons auf die Nudeln und ich lecke mir an der Konservierungssoße die Finger ab, wie als Kind.
Und dann fiel es mir plötzlich wieder ein: Es war tatsächlich, während ich da stand bei irgendeiner Dosenpilzsession, etwa siebenjährig, und während ich die rohen, konservierten leckte, sagte ich irgendetwas, was meiner Mutter nicht passte. Und als sie mit diesen engen, gepanikten Augen schaute, sagte ich:“Ja was, ist das jetzt etwa eine Todsünde?“ Und die Augen wurden noch enger, das Gesicht panischer. Sie sagte: „WO-HAST-DU-DIESES-WORT-HER. Todsünde. Das gibt es bei UNS nicht, das ist katholisch.“
So war das: wirklich. Mir egal: Gleich gibt´s nen großen Teller Nudeln.

Gott hat viel Arbeit, aber keine Frau

Leibniz: Monaden können nicht miteinander kommunizieren, sondern nur über und mit Gott. Die ganze Welt bestehe aus Kommunikation.
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Irgendwie ist das wohl so gedacht, dass diese fensterlosen Entitäten einen Moderator haben, der aber nicht bei Antenne Thüringen arbeitet, sondern ganz groß supervisorisch und durch seine für eine Theodizee-perfekte Harmonie (!) prästabilisierende Leistung auch den Glauben ins allgemeine Geplapper stärkt. So weit, so sehr schön protestantisch: Schließlich sind wir für die Bilder und für Riten in Sprachen, die wir nicht verstehen, nicht zu haben. Fürs Gerede schon.
Andererseits: Dann brauchte ER irgendwann diese Mitarbeiter, die Fernsehmoderatoren, Paartheraputen, Rhetoriktrainer.
Ganz zu schweigen von den ABM-Maßnahmen, wie Kommunikationskompetenznetzwerke sie bieten. Die Sache ist etwas entglitten. Braucht er jetzt eine Organisationsberatung?
Andererseits, wiederum: Jedes einzelne „Warum Männer und Frauen / Ossis und Wessis / x und y … sich einfach nicht verstehen können“-Buch gibt dem Universalgenie L. recht. Ich geb ihm auch recht.

KEIN Kommentar

Alle Männer heißen…
wenn´s mal nur das wäre.
Unter der Überschrift Ein schöner Fisch trifft eben dieser ein Flugzeug. Und dann:

„Wie heißt du?, fragte der Fisch.
Hans, sagte das Flugzeug. Ich bin Hans, das lachende Flugzeug, und es wundert mich sehr, dass du mich nicht kennst, denn ich bin weltberühmt.
Ich kenne keine Flugzeuge!, rief der Fisch.“

Aus: Funny van Dannen, Neues von Gott, S. 59.

[Zwischen Namensbetrachtungen und -sammlungen und Pöbeleien liegen Welten, wie zwischen tageslichter Produktion und nächtlichem „Kommentieren“]

Monadologie heute

„Eine Karawane von Monaden, im Geschirr der Headsets, stürmt die Avenues im Laufschritt, konzentriert auf seine elektronischen Flirts“.
(Ingo Arend, Freitag 51, S.20)

…sagte der Dr. PC über Kollegin BF: „Sie geht nicht im Geschirr“. Stimmt: Die flirtet ziemlich unelektronisch, in engagierter Echt-Zeit.

Achter Platz…

für das Wort „aufgestellt“ unter den Wörtern 2004 – ein banales Partizip eines banal zusammengesetzten Verbes, eines handwerklichen Normalwortes, kann also plötzlich noch mal zum modistischen Sprachhit werden und man fragt sich warum. Die Frage ist sicher interessanter als die, warum Pisa-gebeutelt dazu gehört oder Ein-Euro-Job. Oder gar Hartz IV gewinnt, was ja gar kein Wort ist.
sozial aufgestellt
Aufgestellt“ natürlich schon.
Ich benötigte kürzlich ja noch westdeutsch-daheimgebliebene und den Überblick-behaltende Hilfe, um rauszufinden, dass der Satz: „Wir sind gut aufgestellt“ keine antik-ostdeutsche Ausdrucksweise ist (wie etwa: Ich brauche mal eine Zuarbeit von dir.), sondern eine gesamtdeutsche 200vierjährige Neuerscheinung. Um philosophisch-soziolinguistische Erklärungsversuche wird gebeten!
Übrigens: Das Wort Zuarbeit finde ich ernsthaft mittlerweile sehr schön und ständig einsetzbar, es möchte bitte aus Ruinen auferstehen und zum Wort 2005 werden.

ferne nähe, nochmal

Krippen sind seit dem 16. Jahrhundert bekannt und beliebt“, schreibt Dr. Dietmar Schuth, der künstlerische Leiter des Kunstvereins, in der Ausschreibung, „als volkstümliche Kunstwerke und kleine ikonographische Puppentheater, die das biblische Geschehen kindgerecht darstellen. Die Heilige Familie, Ochs und Esel wie auch Schafe, Hirten, Engel und die Hl. Drei Könige gehören zum Ensemble dieses familiären Schauspiels – früher oft auch ein kleiner Neger als Opferstock, der für die Missionsarbeit in Afrika gottgefällige Münzen sammelte und mit einem Kopfnicken quittierte. Ja, Krippen haben etwas Anrührendes, etwas Naives, das die eigene Kindheit und all die sentimentalen Gefühle der Weihnachtszeit heraufbeschwört.“ So zeigt die Ausstellung eine ganze Palette von originellen Interpretationen dieses alten Themas, von kitschigen Karikaturkrippen bis hin zu kleinen Kriegsszenarien, die deutlich machen, wie weit das „Fest der Liebe“ von der realen Welt entfernt ist.
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