Archiv der Kategorie: wanderprediger
Evangelische Jugendarbeit – Eine Erfolgsstory
und dann die Stelle, wo es heißt:
Wie es also eine Geschichte der verborgenen Texte und Melodien geben kann, so auch eine verborgene Genealogie, die evangelische Jugendarbeit als Familiengeschichte oder Namensgeschichte. Man könnte dem Sachverhalt nachspüren, warum bestimmte Namen in der Jugendarbeit immer wieder eine wichtige Rolle spielen. Es ist einfach bedauerlich, daß für den Bereich der evangelischen Jugendarbeit nur wenige Autobiographien und Festschriften vorliegen, kaum wissenschaftliche Biographien und keine einzige Darstellung der hochinteressanten informellen Zirkel und Netzwerke, wie dem legendären Orbishöher Kreis um Ernst Lange oder dem Schwanenwerder Kreis und dem Montagskreis in Kaiserslautern nach l945. Denkbar wäre, der Ursprungsgeschichte des SDS-Chefideologen Krahl oder des Studentenführers Dutschke nachzugehen. Oder man könnte gespannt darauf sein, wie sich aus der Verbindung der Namen Weigle, Busch, Heinemann, Höffner, Deichmann und Parzany nicht nur ein Stock der Geschichte Essens rekonstruieren ließe. Bei Einstellungsgesprächen etwa habe ich mir das zur Regel gemacht, die Frage nach der Erfahrung in der Jugendarbeit.
Quelle: Pfälzisches Pfarrerblatt
Flaschenpost
Natürlich gibt es schon einen Flaschenpost-Blog, der sich auf TWA beruft…
(und durchaus in Richtung ANTI-Deutsch aufgestellt ist.)
hitman
Ja, der Glaube. Es gibt Bemühungen, als Literalismus eine eigene Form von Ideologie oder Religion zu beschreiben. Literalismus heißt, in gewissen heiligen Büchern – die Bibel, der Koran, die blauen Bände der MEGA – ist unverrückbar die Wahrheit niedergelegt. Es kömmt nur darauf an, diese Bücher richtig zu lesen, aber dieses richtige Lesen stellt eine lebenslange und geradezu übermenschliche Aufgabe dar. Insbesondere kommt es auf wörtliches Verständnis an – wenn sich zwischen Marx Aufstellungen über die sinkende Profitrate und Hartz IV kein zwingender Zusammenhang ergeben will, umso schlimmer für Hartz IV! Marx Buch bleibt jedenfalls Wort für Wort wahr. Das Problem ist, dass du es nicht richtig zu lesen vermagst. Ebenso kann der Literalismus natürlich mit dem Koran verfahren. Oder den Büchern Rudolf Steiners.
Wir wussten nicht, als wir zu der Trauerfeier für O. in den Süden reisten, dass sie ihren Lebenssinn aus der Teilnahme an einem frommen Konventikel gezogen hatte, der ihre Jugendüberzeugungen konservierte. Bei dem anschließenden Empfang bekamen wir es mit einem Problem zu tun, das Marcel Proust im letzten Band der „Suche nach der verlorenen Zeit“ so eindrucksvoll schildert: Dieser melancholische ältere Herr dort, ja, der mit dem Schnauzer und der Pfeife, ist das nicht der ehemalige hitman von Hans-Jürgen Krahl, der seinerzeit Adorno philosophisch überholte und die Revolution anführen sollte? Und er hier, immer noch das selig-überlegene Lächeln im Gesicht, er wusste je schon alle Formen des falschen Bewusstseins, wie es die Welt regiert, aus dem Warenfetisch abzuleiten. Wie O. wurden er nie fertig; die Diplomarbeit, die Habermas Theorie als verqueren Ausdruck der Warenform deutet, wächst vermutlich als Zettelkasten immer noch vor sich hin.
taz Nr. 7468 vom 22.9.2004, Seite 11, 249 Zeilen (Kommentar), MICHAEL RUTSCHKY
Ich bin ich…
Gerade läuft es wieder im Radio: Wir sind wir
Was ich fälschlicherweise für ein Ossi-Trotz-Lied hielt. Wieso eigentlich? Wenn ich es jetzt, aufgeklärt, als gesamtdeutsche Vergewisserungshymne höre, verstehe ich nur noch Bahnhof und Abfahrt.
Doch irgendwie Un(d)erwartet
„Assoziation Andideu tscher Kommunisten (Hg.)“
aus: Bahamas Nr. 44 (Anzeige U2 – ca ira Verlag)
bott im club voltaire
„Der Adorno-Schüler und Fan-Soziologe Bott analysiert seit acht Jahren im Selbstversuch die „Bildzeitung“ und präsentiert aktuelle Kostproben.“ (aus der Programmankündigung des Club Voltaire für den 27. April 2004):
„BILD Dir Deine Meinung“. Analyse eines täglichen Skandals. Vortrag von Dieter Bott.
Club Voltaire, 2. Stock, 20 Uhr, Kleine Hochstr. 5 in Frankfurt am Main. Eintritt 5 ?, erm. 3 ?
Linsen&Marx
Der erste entscheidende Wanderprediger in meinem Leben war ein „gescheiterter“ Realschullehrer in der Pfalz. Nicht nur gewesener Realschullehrer, sondern gewesener atheistischer Religions-Realschullehrer. Endgültig unmöglich geworden für die Schulverwaltung, als er lehrte, dass Marihuana weniger schädlich sei als Nikotin, was ja stimmt.
Wanderprediger haben offiziell wenig zu sagen und aus eigener Kraft mordsviel mitzuteilen.
Sie entwickeln eine gute Portion von dem, was unter dem Namen Charisma bekannt ist ? suchende und offene Seelen sind dafür empfänglich.
So scharte er den suchenden und offenen Teil der Gymnasialjugend um sich und hatte stets allerhand mitzuteilen, was dieser ganz neu und erstaunlich erschien: Wie die Liebe zu pflegen sei (frei!), warum Hubschrauber am Himmel fliegen (Verfassungsschutz!), was von Rentnern, Hausmeistern, Eltern und Lehrern zu halten ist (nichts: im Zweifelsfall und besonders bei entsprechendem Geburtsdatum: alles Nazis), warum man manchmal Angst hat (liegt am Kapitalismus!) und vielerlei bemerkenswerte Antworten mehr, kaum hatte man die Frage erahnt. Und auch auf scheinbar ganz unwichtige Fragen, die aber ganz wichtig waren, gab es eine Antwort: Wie kocht man Linsensuppe für 50 Personen? Wie immer: Mit Tomaten, viel Kabanossi und noch viel mehr Knoblauch. Äh: und dosenweise, kiloweise Linsen, natürlich. Was gibt´s im Zweifelsfall zu trinken: ein 50:50-Gemisch aus Schwarztee und Pfefferminztee. Punto. Basta.
Was den Wanderprediger ausmacht ist: Es gibt auf alles eine definitive Antwort. Er ist in sogenannten Kleinigkeiten wie einer Linsensuppe so bewandert und positioniert wie in den Großigkeiten, sagen wir mal dem Kapitalismus.
Ich darf an dieser Stelle mal sagen, dass ich exakt niemand kenne, dem der Wanderprediger und die durch ihn bewirkte Aufklärung geschadet hat, es sei denn, man war zu sehr unter der Fuchtel von Eltern und Lehrern ? die zu einem nicht gerade unerheblichen Teil eine satansähnliche Verführergestalt in ihm erkannten und bekämpften. Er galt abwechselnd oder gleichzeitig als schwul, pädophil, Drogendealer, Kommunist – und war nichts davon. Noch nicht mal Kommunist: Er erklärte uns, was an der Grünen Partei so prima sei (hab ich vergessen).
Ich hatte meine Zweifel an ihm, aber die waren ganz anderer Natur. Wenn er sich verliebte, und das war sympathischer- und unterhaltsamerweise nicht gerade selten der Fall, war von FREIER Liebe nichts mehr zu hören, sondern er rechnete dem nicht erreichbaren Wesen alle möglichen Fehler auf, weswegen es nicht erreichbar sei. Junge Frauen, die der freien Liebe huldigten, nicht wegen seiner Predigt, sondern einfach so, hatte er im Verdacht, sich zum Objekt zu machen. Hatte man selbst Liebeskummer, so vermerkte er gleichwohl, man habe zuviel Besitzansprüche. Es war nicht so richtig logisch. Dann hatte er uns irgendwie Marx nahe gebracht und wollte uns anschließend aufs ökologische Blümchengießen einschwören. Und das mit den Hubschraubern (s.o.) konnte ich ihm auch nicht abnehmen.
Der gefürchtete Satan der pfälzischen Kleinstadt war in Wirklichkeit ein etwas korpulenter, bärtiger Aufklärer, der aber eine einfache Mission erfüllte und die auch nie veränderte. Er machte immer das und sagte immer das, was er immer machte und sagte. Ob es die Linsensuppe betraf oder den Kapitalismus. Während die Gymnasialjugend entweder die Lust verlor oder sich irgendwann schlauer und bedeutender wähnte.
Fortsetzung folgt.
This is (will be) a part of the Ft-Roman und absolut copyright-geschützt.

bott im bastei
es muss vor 4 wochen gewesen sein. dieter bott rief an um mitzuteilen, dass jetzt der silvia-band 466 erschienen sei und ich mich beeilen müsse diese kultausgabe zu kaufen. der erste bastei-heftchen-roman mit der erwähnung adornos, das erste heftchen mit dem romanheld mit namen dieter bott. und außerdem noch ein schlüsselroman um eine lange verzögerte liebe.
ich machte mich sofort auf. kiosk folgte auf kiosk, aber – das heft nr. 466 war nicht erhältlich. nur lag es nicht daran, dass die frankfurter szene bereits alle exemplare aufgekauft hatte.
am ende der bockenheim-tour und nach abschluss der suche am nächsten tag, als ich auch die hauptwache und den hauptbahnhof abgeklappert hatte, wusste ich mehr über den niedergang der klassischen romanhefte und die wandlung des lesepublikums. kein kioskbetreiber, der helfen konnte oder wollte („bastei da hinten, wenn nichts da ist, dann ist nicht mehr da“). gibt es für alles nur noch das internet? oder sollte ich dieter bott meine niederlage eingestehen und ihn um ein „belegexemplar“ bitten?
nach mehrern tagen bedenkzeit ein neuer versuch beim kiosk in der leipziger, neben dem eiscafe corinna. diesmal fand ich 2 exemplare, die ich für je 1,35 ? kaufte und stolz vor mir her trug: „Ich hab ein Herz zu verschenken. Bewegender Roman um Giselas langen Weg ins Glück“
Forts. folgt